iX 07/2011
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Highlights:
- IPv6
- Business Smartphones
- Zugangskontrolle mit Radius
- Backtrack 5
- Xcode 4
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Markt + Trends
- 11 Websicherheit
- 12 Datenschutzkongress
- 16 E-Cash
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Titel
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- 56 IPv6-Sicherheit
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Review
- 60 Einbruchstests
- 64 Virtualisierung
- 68 Softwareentwicklung
- 72 Webentwicklung
- 76 Kundendienst
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Report
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- 83 Jubiläum
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- 88 Migration
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Wissen
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- 115 Webapplikationssicherheit
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Praxis
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Medien
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- 143 Rezensionen
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Rubriken
- 1 Titelseite
- 3 Editorial
- 4 Inhalt
- 6 Leserbriefe
- 153 Impressum
- 154 Vorschau
Es wird einmal
Die Geschichte der E-Bücher beginnt lange vor der Existenz elektronischer Lesegeräte, in der Frühzeit des Internet, vor genau 40 Jahren. An einem Großrechner Xerox Sigma V der Universität von Illinois in Urbana-Champaign, wo gut 20 Jahre später der Webbrowser Mosaic entstand, hatte der 24-jährige Student Michael Hart mehr kostbare Rechenzeit zugeteilt bekommen, als er nutzen konnte. Am 4. Juli 1971 setzte er sich, nach Marie Leberts 2008 verfassten Bericht bei gutenberg.org (diverse Onlinequellen sind über den iX-Link zu finden), an ein Terminal und tippte als ersten Etext des späteren Gutenberg-Projekts und passend zum Datum die US-Unabhängigkeitserklärung ab. Den Text verschickte er nicht per Mail – die paar KByte waren damals zu viel dafür –, sondern teilte Freunden mit, wo das Dokument zu finden sei.
Nach der Geburt des Projekts Gutenberg dauerte es bis zum Januar 1991, bis zehn Werke vorlagen, im Januar 1994 waren es 100, und erst im August 1997 konnte das Projekt Band 1000 verzeichnen (Dantes „Göttliche Komödie“). Zwar hat niemand damals E-Book oder E-Buch gesagt, aber Etext war von Anfang an gebräuchlich. Und selbst wenn es fast dreißig Jahre bis zu den ersten E-Readern gedauert hat: Jetzt ist das alles Geschichte. Denn Amazon hat in den USA im April/Mai 2011 mehr digitale als gedruckte Bücher verkauft, und Steve Jobs verkündete Anfang Juni, dass Apple seit April 2010 130 Millionen Downloads im iBookstore zu verzeichnen hatte. Der E-Zuspruch scheint mindestens in Nordamerika kaum noch aufzuhalten zu sein. In Deutschland sieht das Ganze – abgesehen vom schnell verschickten Geschenk – anders aus, weil die Buchhandlungsdichte die der USA deutlich übertreffen dürfte und E-Bücher hierzulande meist erheblich teurer sind als dort.
Kurzer Ausflug in eine Zukunftsvariante: Angestellte in Buchhandlungen müssen in absehbarer Zeit darauf gefasst sein, literarischen Anspielungen der weniger erfreulichen Art ausgesetzt zu sein: „Liebe Buchhändlerin, Ihr habt die besten hier, aber das E-Buch aus dem Netz von den sieben Online-Shops kauft sich tausendmal leichter als hier.“ Oder: „Nun sag, wie hast du’s mit dem E-Buch? Du bist ein herzlich guter Mann, allein ich glaube nicht, du hältst davon genug.“ Wenn die Kunden überhaupt noch mit ihnen sprechen beziehungsweise einen Laden aufsuchen.
Buchhändler aller Geschlechter sind wahrscheinlich ähnlich veranlagt wie Hardcore-Leser, die das Anfassen und Schnuppern zum Umgang mit diesem „Mysterium aus Papier und Druckerschwärze“ brauchen, wie Cora Stephan es kürzlich auf den Buchtagen in ihrer Keynote süffisant nannte. Künftig müssen E-Reader und Tablet diesen Part übernehmen, selbst wenn es noch ein paar Jahre dauert, bis die Forschung das auf die Reihe bekommen hat. Denn elektronisch ausgelieferte und zu lesende Bücher sparen nicht nur Regalplatz, sie sind außerdem am Rechner wie am portablen Lesegerät immer zur Hand. Und es werden allmählich mehr, sogar in deutscher Sprache.
Da tauchen fast wie von selbst Fragen auf, die schon die Musik- und Filmindustrie zu spät und unvollkommen beantwortet hat: Wie steht es um die persönlichen Privat- und Raubkopien? Lässt sich hartes Digital Rights Management wie mit der zwingenden Anmeldung bei Adobe dauer- und massenhaft durchsetzen? Haben Buchhändler in dieser E-Welt eine Chance? Noch halten die Kunden ihnen die Treue, bestätigte kürzlich sogar eine Studie des Börsenvereins des deutschen Buchhandels. Das mag an der geringen Verfügbarkeit elektronischer Texte oder am konservativen Herangehen klassischer Leserinnen liegen. Mittelfristig dürften Buchhandlungen außerhalb der Vorzugslagen nur noch überleben können, wenn sie ein spezielles Angebot pflegen – gedruckt wie digital.
Henning Behme (hb)
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